Verliebt steht mir gut by Burgess Gemma

Verliebt steht mir gut by Burgess Gemma

Autor:Burgess, Gemma [Burgess, Gemma]
Die sprache: eng
Format: epub
Herausgeber: d-Blanvalet TB
veröffentlicht: 2016-10-12T23:00:00+00:00


Kapitel 17

Ich nehme nun schon seit Wochen unerlaubt an Tophers Literaturkurs teil. Offen gesagt fange ich an, diesen Umstand ziemlich gleichgültig zu betrachten. Es scheint niemanden zu kümmern. Es scheint nicht einmal jemandem aufzufallen.

Es ist genau wie mit meinen regelmäßigen nächtlichen Schäferstündchen mit Joe. Es ist allein meine Entscheidung, ob mich das glücklich macht.

Ich fühle mich nicht einmal schuldig, obwohl ich weiß, dass mein Vater alles, was ich zurzeit mache, missbilligen würde. Er schickt mir wie ein hilfsbereiter kleiner Berufsberater immer wieder Links zu Stellenangeboten für Erzieher in Rochester, aber ich bin erwachsen, ich kann machen, was ich will, und ich will nicht zurück nach Rochester. Ich weiß, das wird mich nicht glücklich machen.

Tatsächlich glaube ich, dass ich im Moment mit dem Sommerkurs, den Schäferstündchen und der Arbeit in der Destille so glücklich bin wie nie zuvor.

Ein kleiner Teil von mir stört sich daran, dass das nicht genug ist. Dass ich … mehr brauche. Leider weiß ich noch nicht, was dieses »Mehr« ist. Was kann ich also tun? Es ist nur ein Gefühl. Und vielleicht gehört dieses Gefühl zu den Dingen, die mein Vater als Seuche meiner Generation bezeichnet. Das Gefühl, dass wir rundum glücklich sein sollten, die ganze Zeit.

Mist. Ich weiß auch nicht.

Topher und ich sind gerade im Begriff, den Hörsaal zu verlassen, als Frau Professor Guffey mich aufhält.

»Hallo«, sagt sie und starrt mich mit kühlem und festem Blick an. Sie hat eisblaue Augen.

O mein Gott, ich bin aufgeflogen.

Ich sehe mich panisch nach Topher um, aber er hat den Saal bereits verlassen.

»Hallo …«

»Ihre Gedanken über Determinismus und Willensfreiheit haben mir wirklich gut gefallen«, sagt die Professorin. »Ich denke, Sie nehmen eine Menge mit aus diesem Kurs.«

»Das stimmt.« Meine Stimme ist nur ein Flüstern.

»Haben Sie Flaubert gelesen? Sartre? Ich denke, daran würden Sie Ihre Freude haben.«

»Äh …« Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust. Hätte ich Flaubert und Sartre lesen sollen? Sind das nicht Franzosen? »Nein …«

Frau Professor Guffey betrachtet mich einen Moment. »Wie war noch gleich Ihr Name?«

»Coco Russotti.« Die Worte sind heraus, bevor ich es verhindern kann.

Mist.

»Coco.« Die Professorin runzelt die Stirn, als versuchte sie gerade, sich an meinen Namen auf der Teilnehmerliste zu erinnern. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Kann man mich dafür verhaften, dass ich unerlaubt an den Vorlesungen teilgenommen habe? »Nun, Coco, ich gebe im Herbst ein Seminar über die zeitgenössische Literaturtheorie. Ich denke, das Thema könnte Ihnen gefallen.«

»Bestimmt!«, sage ich. »Das klingt … sehr spannend.«

»Wunderbar.«

Sie wendet sich von mir ab. Ich bin entlassen.

Ich laufe so schnell es geht aus dem Gebäude und sehe dann, dass Topher draußen auf mich wartet.

»Alter, ich war mir sicher, jetzt geht es dir an den Kragen«, sagt er. »Wegen Diebstahl von Bildung.«

»Das dachte ich auch.« Mir ist vor Erleichterung ganz schwindelig, und ich fange an zu lachen. »Diebstahl von Bildung. Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich etwas stehle.«

»Du bist so ein braves Mädchen«, sagt Topher. Ich zucke zusammen, aber er bemerkt es nicht. »Na komm. Mir qualmt der Kopf.«

Wir gehen hinüber in den Washington Square Park und machen es uns unter einem Baum gemütlich.



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